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Österreichs Gas(t)freundschaft

Claudia Gamon
Claudia Gamon

In Österreich wissen wir, wie man Gäste empfängt. Diese Gastfreundschaft erreichte 2018 einen fragwürdigen Höhepunkt. Erinnern wir uns zurück: Putin und sein Tross kommen mit einem Knebelvertrag im Gepäck in Wien an. Kurz, Kneissl und der Rest der schwarz-blauen Koalition empfangen ihn feierlich und unterschrieben unter Blitzgewitter einen Vertrag, der ganz Österreich bis 2040 an den russischen Gazprom-Tropf kettet – und das 4 Jahre nach dem Überfall auf die Krim. Expertinnen und Experten schütteln über die unüblich lange Laufzeit dieses Vertrags den Kopf. Aus Gastfreundschaft wurde eine Gasfreundschaft. Was tut man nicht alles, um seine Gäste zu beeindrucken.

Dauergast Gazprom

Die Gazprom war herzlich willkommen, und es scheint, als müsse sie nie wieder gehen. Das gilt auch heute, zwei Jahre nach dem brutalen Überfall auf die Ukraine. Österreich bezog im Dezember unfassbare 98% seines Gases aus Russland. Das ist mehr als vor Kriegsbeginn. Velina Tchakarova, eine renommierte Geopolitik-Expertin, drückte es „Im Zentrum“ unmissverständlich aus: „Es gibt kein Beispiel, weder in Europa noch auf der Welt, das so abhängig ist wie wir.“

Wo bleibt der Wille?

Die brennende Frage ist nicht mehr, ob ein Ausstieg machbar ist – der Rest Europas hat längst bewiesen, dass es geht. Die eigentliche Frage hat Ex-OMV-Chef Gerhard Roiss , ebenfalls „Im Zentrum gestellt: „Wo bleibt der politische Wille Österreichs, sich von dieser Abhängigkeit zu befreien?"

Neue europäische Werkzeuge

Dieser Wille ist jedenfalls auf europäischer Ebene zu finden: Bis 2027 soll Europa das Diktatorengas zu 100% abschütteln. Ohne Kompromisse. Der Großteil der Mitgliedsstaaten ist schon auf einem sehr guten Weg. Der Anteil von russischen Gas-Importen ist von über 40% im Jahr 2021 auf etwa 15% im Jahr 2023 gefallen. Unser Nachbar Deutschland, der in einer ähnlichen Ausgangssituation war, hat es geschafft, sich vollständig von russischem Gas zu verabschieden.

Neben der Richtung, gibt die EU auch Werkzeug in die Hand, um sich leichter von den Ketten des Diktatorengases zu lösen: Mit dem neuen Gaspaket, an dem ich federführend mitgearbeitet habe, haben die Mitgliedsstaaten mehr Möglichkeiten, aus der Abhängigkeit von russischem Gas auszusteigen.

Drohende Preisexplosion 

Sollten wir es verpassen, entsprechende Schritte zu setzen, könnte uns ab 2025 eine dramatische Preisexplosion beim Gas bevorstehen – wir reden hier von einer Verzehnfachung, falls die Versorgung über die Ukraine stoppt. Klingt dramatisch? Für die Bundesregierung wohl nicht dramatisch genug, um endlich ein Ausstiegsdatum und damit politischen Willen auf den Tisch zu legen. 

In der Tradition der Gas(t)freundschaft steht das Land nun vor einer entscheidenden Frage: Halten wir unsere Tür weiterhin offen für den Mörder Putin, oder ist es nicht endlich an der Zeit, ungebetene Gäste hinauszuschmeißen und den Weg in eine unabhängige und sichere Energiezukunft zu beschreiten? Die Länder um uns herum haben den Weg bereits eingeschlagen, die EU skizziert die Route und reicht uns das nötige Werkzeug – worauf wartet die Bundesregierung noch?

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